Die Rheinpfalz - Kultur Regional

FARBIGER, DRAMATISCH FESSELNDER "ELIAS" IN ST.LUDWIG

Tief beeindruckende Vorstellung der Nürtinger Konzert-Gemeinschaft zum Auftakt der Reihe "Frankenthaler Kirchenkonzerte"

Von unserem Mitarbeiter Lothar Messmer

Das erste Saison-Konzert 1997 in der Reihe "Frankenthaler Kirchenkonzerte", am frühen Sonntag abend in der leider nicht gut besetzten Kirche St. Ludwig bestritt das Nürtinger Konzert-Ensemble (Kammerchor und Kammersymphonie) in Gemeinschaft mit dem Kammerchor Kinzigtal unter der Leitung von Hans-Peter Bader.

Felix Mendelssohn-Bartholdy's zweiteiliger "Elias" für Solostimmen, Chor und Orchester, op.70, stand auf dem Programm. Das sehr umfangreiche Oratorium erzählt die Geschichte des Propheten Elias mit den vom Komponisten selbst ausgewählten Worten des Alten Testaments.

Die außerordentlich engagierte, von großem Fleiß und liebevoller Detailarbeit zeugende Wiedergabe ließ den Funken sofort überspringen. Minimale Unebenheiten bei einigen wenigen Übergängen der Instrumentalisten und bei den Tempo-Wechseln innerhalb einer Chor-Rezitation konnte man getrost überhören, weil ein riesiger Spannungsbogen mit großartig aufgebauten Höhepunkten zwangsläufig eine Fülle musikalischer Ausdrucks-Nuancen hervorbrachte, die sowohl den dramatischen Charakter des Werkes als auch das Beschaulich-Rührende der handelnden Personen ins rechte Licht stellte.

Eine besondere Rolle in Mendelssohns "Elias" spielen die Chöre, die teils in die Handlung eingreifen oder nur Bekenntnis-Charakter tragen. Die packenden Episoden, beginnend mit der vergeblichen Anrufung des Gottes Baal durch die Priester - aufregend hier die angstvollen Steigerungen "Baal, gibt uns Antwort!" - wurden geradezu bildhaft realisiert.

Fein getroffen waren auch beispielsweise die wilde Erregtheit des Chorsatzes "Aber der Herr sieht es nicht", die lyrische Heiterkeit des Gesanges "Wohl dem, der den Herrn fürchtet", die exaltiert-jubelnde Stimmung des Volkes im Schluß-Chor des ersten Teils "Dank sei dir, Gott", die majestätische Wucht in "Fürchte dich nicht!", die Turbulenz des Bach-ähnelnden Volks-Chors "Wehe ihm, er muß sterben", die schlichte Innigkeit des choralartigen "Wer bis ans Ende beharrt" oder die Plastizität der harmonisch kräftig untermalten Schluß-Fuge "Herr, unser Herrscher".

Alle Chor-Passagen erhielten absolut gültiges Profil, beeindruckten zutiefst durch gepflegtesten, stets homogenen Chorklang, vorbildliche Deklamation und eine Fülle an dynamischen Schattierungen und Kontrasten.

Hervorragend auch das lebendig und differenziert spielende Orchester, das die naturalistischen Mittel des Komponisten tonschön und farbig umsetzte, durch rauschende Begleitfiguration glänzte oder das vokale Geschehen einfühlsam begleitete.

Bestens disponiert waren dabei der warme Streicherklang, glänzend assistiert von den soliden Blechbläsern und den musikantischen solistischen Einwürfen von Fagott, Klarinette, Oboe und Flöte.

Von den Solisten konnte die Altistin Isolde Assenheimer (Engel, Königin) am wenigsten überzeugen. Ihre relativ kleine, etwas unausgeglichene Stimme, die in weiten Teilen ihres Parts kaum zu hören war, wirkte vor allem bei der Königin-Hetze unglaubhaft. Wesentlich besser gefiel der klare, hell-timbrierte Sopran von Daniela Schüler als Knabe im Dialog mit Elias in der bemerkenswerten Szene des Regen-Wunders.

Der Chilene Salvodor Guzmann brachte für seine Rollen als frommer Obadjah und König Ahab einen lyrisch-kernigen, modulationsfähigen und höhensicheren Tenor mit, und Annette Ruoff (Witwe) verfügt über einen auch in der Höhe leuchtenden Sopran voller Innigkeit, der vor allem die bezaubernde Arie "Höre, Israel höre", aber auch die Klage um den verstorbenen Sohn zu Glanzlichtern der Aufführung werden ließ.

Von dem Bassisten Bernhard Adler als "Elias" kann man nur schwärmen. Seine mächtige, dennoch überaus warme, kultivierte und technisch makellose Naturstimme, in allen Lagen problemlos, ließ die Titelfigur zu einem Ereignis werden. Die zu äußerster Wirkung gesteigerte "Baals"-Szene, sein ergreifendes Gebet "Herr, Gott Abrahams", die ausdrucksgesättigte Arie "Es ist genug", seine sprachlich wie gestalterisch erschütternd ausgefeilten Auftritte bescherten Spannungs-Höhepunkte von unbeschreiblicher Ästhetik und Bildhaftigkeit.

Hans-Peter Bader hatte dem Riesen-Apparat an Akteuren souverän im Griff und formte auch die melodischen Ensembles, (Duette, Terzette und Quartette) zu musikalisch hochkarätigen Edelsteinen. Begeisterter und dankbarer Beifall für einen zweieinhalbstündigen kurzweiligen, positiv-aufregenden Oratorienabend.