Die verkaufte Braut
Neuinszenierung in der Germeringer Stadthalle 5.4.2003
So fröhlich und schwungvoll Friedrich Smetanas Meisterwerk konzipiert ist, so fröhlich und schwungvoll wurde es in der Aufführungsserie in Germering auch musiziert, gesungen und gespielt. Opernaufführungen in der Stadthalle der Gemeinde Germering bei München haben mittlerweile Tradition. Günter Mayr, Leiter der Stadthalle und selbst ausgebildeter Sänger hatte in den vergangenen Jahren bereits u.a. 'Aida', 'Carmen', 'Die Fledermaus' und 'Ein Maskenball' aufgeführt - jedes Mal mit großem Erfolg. Das Rezept dazu besteht in der Zusammenarbeit mit dem Akademischen Sinfonieorchester München und seinem Leiter Heinz Große Boymann, das mehrfach als bestes Amateurorchester Deutschlands ausgezeichnet wurde. Die schwierige Partitur Smetanas wurde mit Präzision und Verve wiedergegeben, mit einer Sicherheit und Souveränität, wie sie auch an großen Häusern keineswegs selbstverständlich ist.
Den zweiten Eckpfeiler bildet das Zusammenwirken mit dem Philharmonischen Chor Fürstenfeld, dessen Musikalität und Klangfülle gerade einem Werk wie der 'Verkaufen Braut' besondere Wirkung verleiht.
Bei der Auswahl der Sänger haben Mayr und Große Boymann den vielberufenen Meistergriff bewiesen. Sie stellten ein rundherum stimmiges Ensemble zusammen, aus dem zwei Sänger hervorragten, die auch mit Recht Ovationen ernteten: Cornelia Ptassek als Marie und Bernhard Adler als Kezal. Die junge Münchnerin, die ihr erstes festes Engagement 1999 am Stadttheater Bremerhaven hatte und auch schon an der Münchener Staatsoper gastierte, konnte in Gesang und Spiel Freud und Leid der Marie glaubhaft vermitteln. Pfiffig und neckisch in der Szene mit dem fast ein wenig beamtenhaft-skurrilen Wenzel des Amerikaners Marc Garcia, zutiefst berührend in ihrer Arie 'Wie fremd und tot ist alles umher', temperamentvoll und wütend in ihrer Szene mit Hans 'Mein lieber Schatz, nun aufgepasst', in der ihre Stimme umwerdende Strahlkraft entfaltete. Hier sollte eine große Karriere bevorstehen.
Die zweite herausragende Sängerleistung war der Kezal Bernhard Adlers, eines Bassisten vom Anhaltischen Theater in Dessau. Mit seiner vollsaftigen Bassstimme und seiner bühnenbeherrschenden, raumfüllenden Erscheinung erinnert er an den unvergesslichen Kurt Böhme. Gegen diese beiden Bühnentemperamente hatte es der Hans des jungen Amerikaners Eric Fenton nicht leicht. Er verfügt zwar über eine leichte, in der Höhe schön aufblühende Tenorstimme, hatte jedoch noch Probleme mit der deutschen Sprache. Es war das erste Auftreten des Sängers in Europa. Die beiden Ehepaare und das Zirkuspersonal waren typmäßig gut ausgewählt und füllten ihre Rollen mit hörbarer Freude aus. Esmeralda war sogar eine echte Spanierein, Elsa Tárraga, die ebenso hübsch sang wie sie aussah. Den Indianer Muff spielte der Choreograph des Abends, Carlos Carrasquilla, und machte seine Sache ebenso gut wie Günter Mayr, der als Regisseur auch den Zirkusdirektor übernommen hatte.
In seiner Inszenierung ging er neue Wege, ließ die 'Verkaufte Braut' im bäuerlichen Milieu in Böhmen spielen und vermied die ausgetretenen Regiepfade a la Konwitschny und Kusej mit ihrem ewigen Verfremdungswahn. Dem Vernehmen nach waren sogar einige Geschädigte der entsetzlichen Stuttgarter Inszenierung nach Germing gekommen, um sich an der böhmischen Nationaloper zu erfreuen. Ein schöneres Kompliment kann man der Aufführung wohl nicht machen.
Siegfried Augustin
Datum: 07.04.2003
Stadthallen bestreiten üblicherweise ihr kulturelles Abendprogramm mit Tournee- oder Koproduktionen. Umso beachtlicher ist die Leistung der Stadthalle Germering, die jetzt ihre achte eigene Opernproduktion herausbrachte. Zu verdanken ist das deren Leiter Günter Mayr, der seit 1993 u.a. "Zauberflöte", "Freischütz" und "Aida" inszenierte und jetzt mit Smetanas "Verkaufter Braut" eine weitere Großproduktion stemmte.
Möglich wurde dies durch Sponsoren und weil der Philharmonische Chor Fürstenfeld sowie das Akademische Sinfonieorchester München auf Gagen verzichteten. Germering gilt als Karrieresprungbrett für junge Gesangsprofis. Regisseur Mayr überließ den Sängern den Raum und stattete die Bühne mit einfacher Dekoration aus. Leider ist die giftgrüne Auslegware zu dominant.
Mayrs insgesamt konventionelle Inszenierung - eine Reduktion auf die Menschen und ihre inneren Konflikte - ist von allem folkloristischen Pomp entschlackt. Getragen wird sie vor allem von Cornelia Ptassek als Marie, die mit großer stimmlicher Präsenz problemlos die Balance zwischen lyrisch empfindsam und kraftvoll dramatisch meisterte, ohne je zu forcieren. Ihr ebenbürtig: Bernhard Adler als imposanter und stimmgewaltiger Heiratsvermittler Kezal. Gegen die Dominanz der beiden musste sich das restliche Ensemble erst frei singen.
Dies galt besonders für den jungen Amerikaner Eric Fenton, der als Hans sein Europadebüt gab. Mark Garcia spielte mit viel Witz den einfältigen Wenzel und Günter Mayr den Zirkusdirektor. Präzision und Spielfreude zeigte der manchmal zu statische Chor. Heinz Große Boymann, langjähriger Mitstreiter Mayrs, dirigierte frei von süßlicher Folklore, nahm aber sein opulentes Orchester erst im dritten Akt so zurück, dass nun auch die Solisten besser zu verstehen waren.
Dorothea Hußlein
Eine hervorragende Personenführung durch Annette Wolf (Regie). Katrin Bähre bestach schon als Agathe im Freischütz sängerisch und darstellerisch mit ihrer natürlichen Anmut. Michael Baba ist auf dem Weg zum Heldentenor. Bernhard Adler, dieser Spielbaß ist eigentlich der Absahner. Das war von Musik, Gesang und Regie ein solider, schöner Opernabend.
SWR